Mit DGB-Bus soziale Kommunalpolitik "erfahren"

Veröffentlicht auf von DGB Kultur Arbeitskreis

Mit DGB-Bus soziale Kommunalpolitik "erfahren"
Soltau-Fallingbostel.  Bei seiner Bustour von Schneverdingen über Bomlitz, Walsrode, Hademstorf nach Schwarmstedt testete der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Kommunalwahl-KandidatInnen und fragte die Menschen nach ihren Sorgen und Wünschen. An der gesamten Tour nahmen VertreterInnen von GRÜNE, dps, LINKE und SPD sowie radio-flora teil. Andere Parteien hatten kein Interesse gezeigt. "Wer nicht zu uns kam, auf den sind wir zugegangen", berichtet Initiator Charly Braun. 

Große Übereinstimmung gab es für die Forderung Gewerbesteuer von Rechtsanwälten und allen Freiberuflern  zu verlangen. Hier stimmte selbst FDP-Kreistagskandidat Alexander Schöps zu, wohlwissend, dass das in seiner Partei anders gesehen wird. Norbert Harms/ CDU-Kreistagsabgeordneter antwortete: "Ich wehre mich absolut gegen Steuererhöhungen". Zu Privatisierungen öffentlicher Aufgaben, wie Stadtwerke, Klinik, Schulen usw. ist das Bild sehr differenziert. Im Aller-Leine-Tal strebt die SPD keine Privatisierung an. Die Schneverdinger Stadtwerke werden, laut Dieter Möhrmann, einem Konzern die Energieversorgung für Neuenkirchen abnehmen. Das Heidekreis-Klinikum will keine Partei einer Firma überlassen. Gegen die Übergabe des Schulzentrums Walsrode und eines Verwaltungsbaues in Soltau an die Berger Bilfinger AG steht im Kreistag einzig die Linke. Sie kritisieren wie der DGB, dass einem Konzern jahrzehntelang Miete gezahlt wird, während die demokratische Vertretung der Einwohner nicht über diese Gebäude zu bestimmen hat. Ansonsten, so der GRÜNE-Kreistagsabgeordnete Dieter Wiedemann, "sollte selbstverständlich sein, keine kommunalen Einrichtungen zu verscherbeln". FDP-Kreistagskandidat Alexander Schöps meinte zur Privatisierung der Daseinsvorsorge "kann auch gut sein, kann auch schlecht sein".

 In Bomlitz erklärte Rathausmitabeiter Rudi Pagel, dass der Industriegemeinde 2008 etwa die Hälfte des Steuereinkommens weggebrochen ist. Begründet sei dass durch Neuerungen der Gesetzgebung, die den Konzernen Abschreibungsmöglichkeiten erlaube, so dass gar einige der Chemiebetriebe in Bomlitz keine Steuern zahlen. Aus den Reihen der CDU werde der Ruf nach Privatisierung laut, die Gemeinde solle untersuchen wie Kindertagsstätten wirtschaftlich zu betreiben seien. Bürgermeister Michael Lebid und die SPD-Mehrheitsfraktion sehen sich dagegen in der sozialen Verantwortung und wollen die Einrichtungen durch den Gemeinderat selbst steuern.
Andreas Glück vom Gemeinschaftsbetriebsrat des Industrieparks hält die sozialen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche in der "Gemeinde der Schichtarbeiter" für unabdingbar. Deshalb will er jetzt zum wiederholten Mal in den Gemeinderat. Dass die Qualität besser ist, als die Mindestbedingungen desKindertagsstättengesetzes ist ihm "wichtig, um Kindern das nötige Rüstzeug fürs Leben mitzugeben". Kleinere Gruppen und besser ausgebildetes Personal müssen trotz des Haushaltseinbruchs finanziert werden. 

Der Vorsitzende Jugend- und Auszubildendenvertretung im Industriepark, Andreas Jansen, vertritt 200 Jugendliche. Er kandidiert für die SPD in Bad Fallingbostel. Ihm ist der Erhalt der Sozial- und Migrationsarbeit Am Weinberg wichtig. Und er will "Tourismusagenturen auf den Prüfstand stellen, die Ludendorffer Rassisten reinholen".

Positiv bewerteten die Gewerkschafter den Schneverdinger Aktivpass für Kinder aus Familien mit Niedrigeinkommen zur kostenlosen Nutzung von Schwimmbad und Sportvereinen. Die LINKE will das ausweiten auf Geringverdiener aller Altersgruppen im gesamten Landkreis. Andreas Jansen fordert für Schüler, Studierende und Rentner kostenlosen Zugang zum ÖPNV. Burkhard Rogge, SPD-Kandidat in Wietzendorf, ist sich mit der LINKEn einig, dass existenzsichernde Mindestlöhne bzw. ein bedingungsloses Grundeinkommen nötig sind. Das sei zugleich für Kommunen und Sozialversicherungen gut. Bis das durchgesetzt sei, so der Linke Horst Kröger, sei eine Sozialcard für kostenfreie oder preiswerte Teilnahme an Sport, Kultur und ÖPNV richtig. Auch der Grüne Wiedemann ist für einen solche Sozialpass offen.

Mit der Grünen Landtagsabgeordneten Elke Twesten, der bahnpolitischen Sprecherin im Bundestag Valerie Wilms und dem Grünen Kreistagskandidaten Holger Stolz diskutierten die DGB-Vertreter Charly Braun und Willi Cohrs über Möglichkeiten alle Dörfer mit öffentlichem Personennahverkehr zu bedienen. Konkret wurde es dazu dann in Hademstorf, wo Hermann Plöger von der Bürgerinitiative und die SPD-Kandidaten Ivonne Klammer und Stefan Schwarz als größtes Problem für Eickeloh und Hademstorf die Schließung ihrer Bahnstationen beklagten. Der Zubringer-Bus nach Schwarmstedt und Hodenhagen sei kompliziert und zeitaufwendig, so dass jetzt vermehrt die Strecken zu Schule, Beruf, Einkauf und Ärzten mit Autos gefahren werden. Überdies sei Bahnfahren teurer geworden betonte Hermann Plöger. Die Fahrkarte von Schwarmstedt nach Hannover koste ebenso viel, wie zuletzt die Karte von Hademstorf nach Hannover kostete. Jetzt aber müsse für den Zubringerbus nach Schwarmstedt zusätzlich gezahlt werden - ein Unding wie IG Metall-Sprecher Willi Cohrs betonte. Auch die mitreisenden VertreterInnen der Parteien kritisierten, dass der Ausbau der Heidebahn mit dem Abhängen von Dörfern einhergehe. Stefan Schwarz fordert dringend Alternativen im öffentlichen Nahverkehr zu schaffen.

Die ärztliche Versorgung auf dem Lande war auch für die angesprochenen Menschen am Einkaufsplatz Mönkeberg in Schwarmstedt ein wichtiges Thema. DGB-Kreisvorsitzender Charly Braun fragte, ob Gemeinden Medizinstudierenden das Studium mitfinanzieren sollten und die ausgebildeten MedizinerInnen dafür anschließend in der Gemeinde praktizieren. Das fanden sowohl Ivonne Klammer und Stefan Schwarz, als auch viele Menschen in Schwarmstedt eine gute Idee. 
Mit Elli und Peter Knust hatte der DGB-Bus in Schwarmstedt engagierte Gäste. Die beiden aus Bothmer fordern existenzsichernde Mindestlöhne, deren Einhaltung streng zu kontrollieren sei. Peter Knust begründete die Forderung aus seinen Erfahrungen am Bau. Die Kommunen dürften keine Aufträge an Firmen vergeben, die sich nicht an Tarifverträge halten, verlangten Elli und Peter Knust, denn "auch hier stehen Kommunalpolitiker in sozialer Verantwortung".
Dass für die Daseinsvorsorge die Kommunen finanziell besser ausgestattet werden müssen ist fast überall zu hören. Die Gewerkschafter betonen, dass die Bundes- und Landtagsabgeordneten der gleichen Parteien in den meisten Fällen nichts dazu beitragen.  So wundert denn auch nicht, dass ver.di-Funktionärin Renate Gerstel bei Gesprächen mit Passanten sehr oft resigniertes Schimpfen auf die Parteien und häufig auch, "ich wähle gar nicht" zu hören bekam. "Umso wichtiger ist es, dass soziale Rechte verteidigt werden", war das Resumee des Gewerkschaftssekretärs Lennard Aldag.

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